Reisen

Das JSO Solingen unternimmt alle zwei Jahre eine größere Konzertreise. Wichtiger Bestandteil einer jeden Reise ist das gemeinsame Musizieren mit einem Jugendorchester der besuchten Städte. Die jungen Musikerinnen und Musiker sind entweder in Gastfamilien oder Jugendherbergen untergebracht.

Ein reichhaltiges Besuchsprogramm gehört zu jeder Reise natürlich dazu. In Frankreich gehörte der Besuch eines Hochseilgartens zum Programm, in Israel eine Stadtführung durch Jerusalem, ein Besuch des Toten Meeres und eine Führung durch Tel Aviv. Besonders eindrücklich war in Israel sicherlich der Besuch der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem, in deren Garten ein Streichquartett des Orchesters sogar musizieren durfte.

Die Reisen:

2008     Gouda, Niederlande

2010      Chalon sur Saone, Frankreich

2012      Ness Ziona, Israel

2014      Newcastle, England

2017      Schwerin

2019     Belgrad, Serbien

Die Jugendorchester aus Gouda, Ness Ziona, Newcastle, Schwerin und Belgrad waren in den vergangenen Jahren auch zu einem Gegenbesuch in Solingen. Gemeinsame Konzerte und Feiern vertieften die Beziehungen der jungen Musikerinnen und Musiker untereinander.

Über die Konzertreisen hinaus führt das Orchester regelmäßig Probenwochenenden in einer Jugendherberge durch.


Reisebericht Belgrad

Nach drei bereichernden Begegnungen in den letzten Jahren fand Anfang Oktober zum vierten Mal ein Austausch zwischen der Städtischen Musikschule Solingen GmbH und der Josip Slavenski Musikschule in der serbischen Hauptstadt Belgrad statt. Vom 01. bis zum 06. Oktober 2019 reisten 57 Mitglieder des Jugendsinfonieorchesters in Begleitung des Projektorganisators Boris Radulović, ihres Dirigenten Peter Wuttke und einiger Lehrkräfte der Musikschule in ein für die meisten unbekanntes Land.

Ein Jahr zuvor traf das gesamte Orchester, nachdem es vorher schon kleinere Kammermusikprojekte gab, zum ersten Mal auf den Chor der Belgrader Musikschule. Damals bereiteten die jungen Schülerinnen und Schüler ein gemeinsames Konzert für einen Auftritt in der Kirchengemeinde St. Joseph in Solingen Ohligs vor. Nach einer Woche, welche von Musik und neu entstandenen Freundschaften geprägt war, folgte sogleich die Einladung aus Serbien zu einem weiteren Austausch.

Nicht selten lagen die Orchestermitglieder ihrem Dirigenten daraufhin in den Ohren, weil sie die Reise nicht mehr abwarten konnten. Einige Wochen vor Abflug wurde es spannend: es galt zu klären, wie die verschiedensten, teils sperrgepäckgroßen Instrumente transportiert werden würden, wer in welcher Gastfamilie oder auch in einem Hotel unterkommen würde und wie zum Beispiel das Versäumen lästiger Latein-Klausuren in der Schule entschuldigt werden könnte.

Nach einer zügigen Busfahrt nach Frankfurt war dann aber doch alles unkomplizierter, als es sich viele Teilnehmer ausgemalt hatten. Unsere gewählte Fluggesellschaft war auf alle Besonderheiten eingestellt und übergab den Cellisten ohne weitere Rückfragen zwei Flugtickets pro Person. Ihre Instrumente waren ab diesem Zeitpunkt also vollwertige Fluggäste, die in der Kabine Platz nehmen durften.

An den Sicherheitskontrollen wurden zwar einige Instrumentenkoffer geöffnet und auf Sprengstoff untersucht, durch interessierte Kommentare wie „Was habt ihr nur für schöne Instrumente dabei?“ oder „Ist das ein Selfiestick?“ (zu einer Querflöte), wurde das Prozedere aber aufgelockert. Nach einer Jam-Session am Abfluggate (gespielt wurde Brahms‘ Ungarischer Tanz Nr. 5), welche nach der Reise vom Frankfurter Flughafen noch mit lieben Worten bedacht werden sollte, verließen wir leicht verspätet die Heimat.

In Belgrad angekommen, erfolgte teils noch am Abend, teils am nächsten Tag, eine herzliche Begrüßung durch die Schülerinnen und Schüler der Josip Slavenski Schule. Die Hälfte der Solinger Jugendlichen wurde ins Hotel gebracht, die andere Hälfte den Gastfamilien zugeteilt. Freunde wurden wieder vereint und neue Orchestermitglieder und diejenigen Belgrader, die im letzten Jahr nicht mit nach Solingen kommen konnten, lernten sich schnell kennen und
schätzen.

Die Tage vor Ort waren mit kulturellen Programmpunkten ausgefüllt. In der Hauptstadt selbst besichtigten wir die von historischen Gebäuden gesäumte Prachtstraße Knez Mihailova, die Festung Kalemegdan, den Dom des Heiligen Sava, welcher zu den größten orthodoxen Gotteshäusern der Welt zählt, sowie das Nationalmuseum, in dem Serbiens gesammelte Kunstschätze mehrerer Jahrhunderte zu bestaunen sind. Ein Tagesausflug führte uns zu dem etwa eine Stunde entfernten Berg Oplenac, auf dem sich das Mausoleum der serbischen Königsdynastie Karađorđević befindet. Die darin befindlichen Mosaike, welche aus Millionen von Glaselementen bestehen, hinterließen durch ihre Schönheit und die Art, wie sie das Licht der wenigen Kirchenfenster reflektieren, bleibenden Eindruck.

An die Tradition aus dem letzten Jahr anknüpfend, war auch für diesen Austausch ein Abschlusskonzert geplant. Als Vorbereitung darauf fand jeden Abend eine dreistündige Probe im Saal der Musikschule statt, der durch den Chor und das Orchester, das von 15 Violin-, Viola und Kontrabassschülerinnen und -schülern aus Belgrad unterstützt wurde, an seine Kapazitätsgrenzen gebracht wurde. Das Programm reichte von klassischen Kompositionen wie dem 2. Satz aus Beethovens 7. Sinfonie, über romantische Werke, wie den Ungarischen Tänzen Nr. 5 und 6 von Johannes Brahms und dem 8. Slavischen Tanz von Antonín Dvořák bis hin zu a cappella-Kompositionen von Stevan Stojanović Mokranjac. Die größte Freude bereitete allerdings allen Beteiligten, wie auch schon ein Jahr zuvor in Solingen, der 42. Psalm, „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser“, von Felix Mendelssohn Bartholdy. Welche Relevanz und Wirkung diese Musik auch heute noch haben kann, zeigen vielleicht die kleinen Gesten und Späße, die sich in der großen Musikergruppe entwickelten. So wurde die Silbe „trübst“ (entnommen aus „Was betrübst du dich meine Seele?“) schnell zu einem Universaladjektiv, das an jeder beliebigen Stelle einer Konversation eingesetzt werden kann. Auch dürfte die Belgrader Bevölkerung nicht schlecht darüber gestaunt haben, dass in langen Nächten häufig vierstimmige Partien auf den Straßen der Großstadt vorgetragen wurden – Ruhe, oder um es mit den Worten unserer Freunde zu sagen: „Tišina“ kehrt auf einer solchen Reise nahezu nie ein.

Die Reise neigte sich langsam dem Ende zu und somit war es am Samstagabend soweit, unser Abschlusskonzert konnte beginnen. Im Saal des Kulturzentrums Vlada Divljan standen über 100 Musikerinnen und Musiker auf der Bühne und wurden von einem großen Publikum mit Begeisterung empfangen. Es war dieselbe Konzentration, Freude und Brüderlichkeit zu spüren, die uns auch ein Jahr zuvor zu einer einzigartigen Gruppe zusammenwachsen ließ. Unsere Gastgeber sorgten mithilfe der Sponsoren dafür, dass das Konzert auch medial festgehalten wurde. Ein Fotograf machte an diesem Abend Aufnahmen, die uns alle staunen ließen, ein Fernsehbericht wurde produziert und eine Gesamtaufnahme in Bild und Ton soll in nächster Zeit veröffentlicht werden.

Nach langem Applaus endete das Konzert mit einer Zugabe in Form des Schlusschors aus Beethovens 9. Sinfonie. Jeder konnte spüren, dass genau diese „Ode an die Freude“, die auf Serbisch und Deutsch vorgetragen wurde, das ausdrückt, was wir alle empfunden haben.
Augenscheinlich mögen unsere Kulturen und Hintergründe unterschiedlich sein, doch über das Medium Musik lernten wir Menschen kennen, deren Herzlichkeit, Gastfreundschaft und Wärme uns beeindruckten und die wir tief ins Herz geschlossen haben. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen und sagen von Herzen Hvala!